Händeschütteln: Wichtiges Ritual contra Hygiene
Hier ein Bericht im MDR Wissen:
15. Oktober ist “Welttag des Händewaschens” Händeschütteln: Wichtiges Ritual contra Hygiene
Sich zur Begrüßung die Hände reichen gehört für viele zum Alltag und zum guten Ton. Im Herbst und Winter, zur Zeit der Erkältungswellen, verzichten viele darauf, denn die Handberührungen gelten als häufigste Übertragungswege für ansteckende Krankheiten. Aber schützt denn nicht das Händewaschen, oder müsste man, wenn man viel mit Menschen zu tun hat, sich ständig die Hände desinfizieren?
Ein Plädoyer fürs Händewaschen
Ein Fest für Zahlenmystiker: Am 05.05. wird der Tag der Handhygiene begangen. Kein Zufall – die zwei Fünfen im Datum symbolisieren die jeweils fünf Finger an unseren Händen. Der Tag des Händewaschens, der am 15.10. begangen wird, nimmt diese Zahlenspielerei auf. Denn während beim Händewaschen die Hände zwar sauber werden, werden sie bei der Handhygiene mit Hautdesinfektion fast keimfrei. Das ist natürlich vor allem dort wichtig, wo sich Menschen aufhalten, deren Immunsystem vielleicht schon geschwächt ist und wo möglicherweise gehäuft Keime eingeschleppt werden, nämlich im Krankenhaus.
Die zehn Finger des Klinikpersonals sind die zehn häufigsten Übertragungswege für multiresistente Erreger.
Claudia Szczesny, leitende Hygienefachkraft am Uni-Klinikum in Halle
Handwäsche nicht gleich Handdesinfektion
Studien zeigen, dass Handhygiene das effektivste Mittel ist, um eine Ansteckung mit diesen gefürchteten Keimen zu vermeiden. Damit ist nicht das Händewaschen mit Seife gemeint, sondern die Desinfektion der Hände. Den Unterschied erklärt Dr. Dieter Worlitzsch, Leiter des Hygieneinstituts in Halle.
Wenn man richtig desinfiziert, kann man die Keimzahl von Zehntausend auf Eins reduzieren. Beim Händewaschen schafft man es geschätzt vielleicht von Zehntausend auf Eintausend.
Dr. Dieter Worlitzsch, Leiter des Hygieneinstituts in Halle
Beim Händewaschen bleiben also 1.000 mal mehr Keime auf der Hand als bei der Desinfektion. Der entscheidende Unterschied ist: Desinfektion tötet Keime ab, beim Waschen werden Keime nur abgespült. Deshalb wäscht sich das Klinikpersonal eigentlich gar nicht die Hände – außer, wenn sie sichtbar schmutzig sind. Stattdessen werden sie desinfiziert und das sogar ziemlich oft, nämlich nach jedem Patientenkontakt.
Da sprechen wir von 100 bis 200 mal pro Schicht. Arbeitet man enger am Patienten, muss man sich die Hände öfter desinfizieren als wenn jemand reine Schreibtischarbeit erledigt.
Claudia Szczesny, leitende Hygienefachkraft am Uni-Klinikum in Halle
Und Zuhause: Hände waschen oder desinfizieren?
Für den Hausgebrauch ist Handdesinfektionsmittel nach Einschätzung von Claudia Szczesny nicht notwendig. Hauptsache, man wäscht die Hände auch da regelmäßig und benutzt dazu Seife.
Seife ist in erster Linie dazu da, um Fette zu lösen. Damit verringern wir die Haftung von einigen Bakterien. Keimabtötend ist Seife nicht.
Claudia Szczesny
Warmes Wasser, kaltes Wasser: Was reinigt effektiver?
Ob wir zum Waschen kaltes oder lauwarmes Wasser benutzen, spielt keine Rolle, wenn es darum geht, Keime abzuspülen. Beides hat den gleichen Effekt. Auch wenn der lange nicht so gründlich ist wie beim Desinfizieren, reicht das Händewaschen meist aus, um eine Ansteckung über die Hände zu verhindern. Für das Immunsystem kommt es nämlich darauf an, wie viele Keime im Spiel sind. Weder beim Händewaschen – egal wie intensiv und lange – noch bei der Desinfektion werden unsere Hände komplett keimfrei. Das würde unserer Haut auch nicht gut tun, die Keimbesiedlung braucht.
Keime sind immer da, aber man muss sie nicht weiterreichen
Dass immer Keime auf unseren Händen sitzen, weiß Hygieneexperte Dr. Dieter Worlitzsch und behält deshalb beim Abschied genau wie bei der Begrüßung die Hände gefaltet am Körper. Die ausgestreckte Hand des Gegenüber greift ins Leere.
Das hat nichts mit Unhöflichkeit zu tun. Ich bin im Klinikum inzwischen dafür bekannt, dass ich nicht mehr die Hände gebe.
Hygieneexperte Dr. Dieter Worlitzsch